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Eine Frau, die zupacken kann

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Gudrun Waldherr wurde jetzt als langjährige Leiterin des Helen-Keller-Hauses im Martin-Luther-King-Haus verabschiedet.

Sächsische Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt, 28.10.2022, von Silke Richter

Die ehemalige Leiterin des Helen-Keller-Hauses Gudrun Waldherr (links) hat den Staffelstab an ihre Nachfolgerin Michaela Unger übergeben. © Foto: Silke Richter

Hoyerswerda. Legere Kleidung, bei Gesprächen nicht selten eine Hand in der Hosentasche, lockeres, freundliches aber durchaus bestimmtes Auftreten und bei passenden Gelegenheiten immer ein Augenzwinkern mit dabei. So lässt sich Gudrun Waldherr auf den ersten Blick beschreiben. Die 65-Jährige hat das Helen-Keller-Haus, das sich in Trägerschaft der Diakonie Libera befindet, über zwanzig Jahre geleitet.

Es war der 1. Oktober 1998, als die Wahl-Lausitzerin das Amt übernommen hat. „Es war eine Herausforderung für mich in einer Einrichtung zu arbeiten, die zu DDR-Zeiten schon bestand und mein Wissen sowie langwierige Erfahrungen zu vermitteln. Damals haben wir uns alle gemeinsam, Mitarbeiter, Bewohner und ich, auf den Weg gemacht, die Lebensform von Menschen mit Behinderung so selbst bestimmend wie möglich zu gestalten, um mehr Lebensqualität erreichen zu können. Das habe ich nicht allein geschafft. Das ist der gemeinsame Verdienst aller Beteiligten.“

Stets ein offenes Ohr
Was Gudrun Waldherr, die aus den alten Bundesländern stammt, neben einer offenen und konstruktiven Kommunikation auf Augenhöhe auch immer sehr wichtig war: Ein offenes Ohr für alle Belange und Sorgen der Bewohner und ihrer Mitarbeiter zu haben. „Natürlich gab es auch mal Kritik. Dafür standen dann auch immer Taschentücher und Gummibärchen bereit. Unvergesslich werden wohl auch ihre Kontrollgänge sein bei denen sie wie aus dem Nichts plötzlich hinter oder vor einem stand“, berichtete Mitarbeiter Mathias Freyer bei der feierlichen Abschiedszeremonie mit einem kleinen Schmunzeln.

Und wenn es darum ging, die Belange des Helen-Keller-Hauses und damit die Bedürfnisse seiner Bewohner durchzusetzen, habe sich Gudrun Waldherr als knallharte Geschäftsfrau erwiesen. „Sie hat die Einrichtung weit vorangebracht und beispielsweise dafür gesorgt, dass eine moderne Therapiewanne, Rollstuhlfahrräder, Wasserbetten und ein Lichterfaservorhang angeschafft werden konnten. Dieses Ausmaß von moderner Ausstattung ist nicht selbstverständlich“, so Matthias Freyer.

Auch im pädagogischen Bereich und bei der Teilhabe am öffentlichen Leben habe Gudrun Waldherr ihre Spuren hinterlassen. So sei es der 65-Jährigen wichtig gewesen, die Bewohner in der Gesellschaft zu integrieren und ihnen im Helen-Keller-Haus ein echtes Zuhause geben zu können. Ganz besonders auch jenen Menschen, die bis zu ihrem Einzug in das Helen-Keller-Haus „weggesperrt und nicht selten fixiert worden waren, weil sie scheinbar nicht in das Schema der Gesellschaft passten“, wie Matthias Freyer berichtete. Es war der Abschied von einer resoluten Frau, die das Herz am rechten Fleck trägt, deren Entscheidungen immer amtlich waren und an denen es nichts mehr zu rütteln gab. Eine Chefin, die kein Freund von „trockenen“ Sitzungen und Tagungen war. Oder wie es Vakanzpfarrer Hans-Christoph Gille in seinen Abschiedsworten beschrieb: „Gudrun Waldherr gehört zu jenen Menschen, die lieber tatkräftig zupacken, um etwas zu verändern und hilfsbedürftigen Menschen aktiv helfen wollen.“

Eine Einstellung die Gudrun Waldherr auch zukünftig begleiten wird. Als frisch gebackene Rentnerin wird die ehemalige Wahl-Lautaerin nach der Überleitungsphase an ihre Nachfolgerin Michaela Unger in ihre neue Heimatstadt nach Heidelberg ziehen. „Ich werde mich auch weiterhin für hilfsbedürftige Menschen engagieren. Ein aktives Ehrenamt wird sich für mich finden“, ist Gudrun Waldherr überzeugt.

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